Geschichten:Fass mir nie wieder an den Hintern - Drei Monate vorher in Albernia

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Junkertum Dragain - Albernia, Anfang Hesinde 1041 BF

Ein Bote erreichte die trutzige Feste, die dem Junker von Dragain als Unterkunft diente.

“Herr, eine Nachricht aus dem Osten, von eurem … Oheim”, berichtete Kendra, nachdem sie das Schreiben entgegengenommen und geöffnet hatte. Ohne weitere Worte zu verlieren gab sie es an Énna weiter, der es sogleich stirnrunzelnd las, nachdem er vorher einen fragenden Blick auf seine Schreiberin warf.

“Oh”, sagte er, das Schreiben niederlegend. Er wirkte überrascht, auch traurig. Aber vor allen Dingen überrascht.

Später am Abend saßen er und sein Bruder gemeinsam am wärmenden Kamin Es war ein kalter, feuchter Herbstabend, doch das Torffeuer im Ofen spendete angenehme Wärme und der Brand, der in den beiden bauchigen Gläsern feine ölige Schlieren zog, wenn man ihn darin schwenkte, wärmte von innen.

“Unser Oheim möchte, dass du sein Lehen und den Titel erbst? Bis heute wusste ich gar nicht, dass wir überhaupt Verwandte in Tobrien haben!”, entrüstete sich Éimhin.

“Du hast recht, Bruderherz. Doch sonst ist, scheint es, niemand übrig aus seiner Familie. Die letzten Jahre waren hart für ihn und die seinen. Ein Oheim in Tobrien. Das ist eine Überraschung”, antwortete Énna nachdenklich.

“Wenn Vater das erlebt hätte....”, seufzte Éimhin. Die Trauer saß noch tief, denn ihr Vater Elric war erst vor wenigen Tagen verstorben.

“So wie ich das Schreiben verstanden habe, hätte Vater das Schreiben vermutlich ungesehen verbrannt. Wenn ich das richtig sehe, hatten sich unser Oheim und unser Vater mächtig zerstritten. Und nun wartet ein Lehen und ein Junkertitel in Tobrien auf uns”, antwortete Énna seufzend. “Und was machen wir jetzt? Ist ja nicht so, dass wir hier nicht auch Aufgaben haben…”, fuhr er etwas ratlos wirkend fort und sah seinen Bruder an.

Selbiger wirkte nachdenklich. “Ein Piratenhaufen, sagtest du? Das hört sich ja fast vertraut an. Scheint, als ob uns das überall hin folgt”

“Ja, so wirkt es. Um Lehen und Titel anzunehmen, müssen wir den dortigen Familiensitz von der Piratenplage befreien… ja, wenn's weiter nichts ist”, Énna wirkte tatsächlich etwas überfordert. Der Tod ihres Vaters hatte auch ihn mitgenommen - und nun erfuhren sie auch noch von einem Erbe in Tobrien, das jedoch mit Schwierigkeiten verbunden war.

“Ich schlage vor, du schläfst eine Nacht drüber, Bruderherz. Und dann sehen wir weiter.”

Am nächsten Morgen

Énna war auffällig still am heutigen Morgen. Beide Brüder saßen gemeinsam am Tisch, um ihr Frühstück einzunehmen und Énna hatte noch kein Wort gesagt, nur stumm seinen Brei gegessen.

Éimhin hatte ihn immer wieder fragend angesehen, auch zwei- bis dreimal versucht, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, doch sein Bruder reagierte nicht.

Erst als beide ihre Schalen leer gegessen hatten, schaute Énna auf. “Also, ich habe mir da was überlegt, heute Nacht. Wir machen das so: Unser wichtigstes Ziel ist, den alten Stammsitz von dem Piratenpack zu befreien. Nun ist es aber so, dass wir für eine direkte Belagerung viel zu viel Soldaten und auch Geschütze benötigen. Viel zu teuer und außerdem schwer umzusetzen. Die Burg ist durch ihre exponierte Lage nur schwer einzunehmen - der Verteidigungswert der Anlage ist erstaunlich hoch. Aushungern kommt nicht in Frage, das dauert auch zu lange, außerdem können die sich immer noch über den Seeweg versorgen, den müsste man ebenfalls abschneiden. Scheidet also auch aus, zu teuer und zu aufwendig. Wir werden es stattdessen mit einer List versuchen. Was tun Piraten normalerweise?”

“Ehm… Schiffe überfallen?” antwortete Èimhin etwas verwundert.

“Richtig. Also geben wir ihnen ein Schiff. Ein Schiff mit fetter Beute. Mit - uns!”

“Uns?”

“Ja, uns.”

“Die Piraten werden uns kaum haben wollen, was sollen die denn mit uns?”

“Mit uns feiern.”

“Ich kann mir vorstellen, dass die uns eher nicht gerne als Gäste dabei haben möchten, wenn wir sie aus unserer - deiner - Burg werfen wollen.”

“Da könntest du recht haben.”

“Ja, und dann?”

“Wir müssen eben für eine ansprechende Verpackung sorgen.”

“Verpackung? Ansprechend? Da müssen wir uns aber ordentlich anstrengen… um mich mache ich mir da ja keine Sorgen, aber du…”

“Pass bloß auf, Brüderchen”, drohte Énna seinem Bruder mit dem Zeigefinger. Dann fuhr er, wieder völlig ernst, fort. “Wir werden denen ein Appetithäppchen servieren. Zuerst setzen wir ihnen ein Boot vor die Nase. Das füllen wir mit feinem Proviant, gutem Wein und Bier. Und uns.”

Sein Bruder Éimhin schaute immer noch etwas ratlos. War seinem Bruder heute Nacht etwa etwas schweres auf den Kopf gefallen? “Ja, die werden uns sicher willkommen heißen auf ihrer Burg und nur sehnlichst gewartet haben auf dich und mich.”

“Auf dich und mich vermutlich nicht, aber wir sind ja auch nicht da, sondern hübsche Mädels.”

“Und wo bekommst du die her?”

“Die haben wir doch schon, dich und mich.”

“Hast du heute morgen schon zu heiß gebadet? Oder ist dir ein Stein auf den Kopf gefallen in diesem maroden Rattenloch?” Éimhin war nun ernsthaft besorgt um den Geisteszustand seines Bruders.

“Du und ich noch ein paar Freiwillige, wir verkleiden uns. Wir lassen uns gefangen nehmen, dann sind wir schon mal in der Burg. Und wenn dann alle schlafen…”

“Warum sollten die wohl alle schlafen?” unterbrach ihn sein Bruder.

“Lass mich eben ausreden. Also, wenn dann alle schlafen, weil wir natürlich vorher die Fässer ordentlich präpariert haben, dann holen wir uns die Burg zurück und sorgen dafür, dass das Piratenpack seine gerechte Strafe bekommt. Ist doch ganz einfach!”

“Ist doch ganz einfach?”

“Ja. Ist doch ganz einfach!” Und er erzählte seinem Bruder den Plan in allen Einzelheiten.

Als er fertig war, schaute sein Bruder ihn entsetzt an, dann begann er breit zu grinsen: “Du bist total verrückt! Doch der Plan ist schon wieder so frech und dreist, dass er dem Listenreichen bestimmt gefallen wird. Das, mein Bruderherz, wird dem Listenreichen eine wahre Freude werden. Ich bin dabei!”